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Mit jeder neuen Smartwatch-Generation kommen neue Gesundheitsfunktionen dazu. Doch nicht alle sind nützlich
Smartwatches zeichnen den Puls auf, messen Blutdruck und Blutsauerstoff, analysieren den Schlaf und Bewegungen. Doch wie verlässlich sind die medizinischen Diagnosen der Uhren?
© Getty/Digital Vision/Kathrin Ziegler
Nützlich können die Minicomputer am Handgelenk zum Beispiel bei der Erkennung von Vorhofflimmern sein. Vorhofflimmern ist eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen und durchaus bedrohlich. Denn Vorhofflimmern begünstigt die Entstehung von Blutgerinnseln, die einen Schlaganfall auslösen können. Mit Medikamenten ist dieses Risiko meist gut in den Griff zu bekommen. Doch Vorhofflimmern tritt bei vielen Menschen nur gelegentlich auf und macht kaum Beschwerden. Schätzungen zufolge haben zwei von Hundert Menschen in Deutschland Vorhofflimmern. Bei vielen wird es jedoch nicht entdeckt.
Diese Lücke in der Herzdiagnostik könnten Smartwaches schließen. Die aktuelle Datenlage zeige, so die Deutsche Gesellschaft für Kardiologe (DGK) in einer Stellungnahme, dass sich Smartwatches prinzipiell zur Erkennung von Vorhofflimmern eignen. Es komme dabei allerdings auf die Technik in der Uhr an.
Smartwatches mit Infrarotsensoren an der Unterseite messen die Blutmenge, die durchs Handgelenk fließt. Photoplethysmographie heißt diese Methode. Sie nutzt den Umstand, dass der rote Blutfarbstoff Hämoglobin Infrarotlicht besonders gut aufnimmt. So wie sich die Blutmenge in den Adern mit dem Herzschlag ändert, steigt oder fällt auch die vom Sensor registrierte Lichtmenge. Die Unterschiede rechnet die Smartwatch in Herzfrequenz und Blutdruck um.
Eine Studie des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung von 2019 mit über 500 Teilnehmenden bescheinigt dieser Methode bei Vorhofflimmern eine gute Genauigkeit. Allerdings ist die Messung fehleranfällig. In der Studie musste jede fünfte Smartwatch-Messung als ungenau verworfen werden, weil die Teilnehmenden sich beim Messen bewegt hatten. Grund genug für die medizinische Fachgesellschaft DGK, eine Kontrolle der Smartwatch-Diagnose durch ein Elektrokardiogramm (EKG) in der ärztlichen Praxis zu empfehlen.
Positiver fällt das Urteil bei Smartwatches aus, die über ein eingebautes Mini-EGK verfügen. Studien der Smartwatch-Hersteller Apple und Samsung zufolge, stimmt das smarte EKG bei Vorhofflimmern zu rund 95 Prozent mit den ärztlichen Diagnosen überein. Laut DGK könnten Smartwatches mit dieser Technik zur weiterführenden Diagnostik und Therapie eingesetzt werden.
Einen Arztbesuch ersetzen würde aber auch diese Technologie nicht. Es brauche in der Regel einen Mediziner, um aus den Messungen die richtigen Schlüsse für die weitere Diagnostik und Therapie zu ziehen, so Professor Dr. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e.V. in einem Onlineartikel der Stiftung.
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Doch das könnte sich ändern. Die von Apple und Johnson & Johnson finanzierte Heartline Studie mit bis zu 150.000 Teilnehmenden über 65 Jahre will bis Ende 2023 untersuchen, ob sich Vorhofflimmern mit einer Smartwatch frühzeitig feststellen lässt. Sollte dem so sein, könnte für mehr Betroffene rechtzeitig eine Therapie begonnen und Schlaganfälle verhindert werden.
Eine Revolution für das Blutdruckmessen ist dagegen noch nicht in Sicht. Zwar errechnen manche Smartwatches per Infrarotsensor auch den Blutdruck. Die Handhabung ist aber umständlich, zudem muss die Uhr einmal im Monat mit einem Manschettenmessgerät geeicht werden. Für eine exakte Messung sind außerdem genaue Vorgaben zu beachten. Schon ein Kaffee oder Sport vor der Messung können die Werte verfälschen.
Fairerweise muss man sagen, dass das auch für das Messen mit herkömmlichen Geräten am Arm oder am Handgelenk gilt. Die smarte Technologie zum Blutdruckmessen ist noch den einen oder anderen Entwicklungsschritt vom Durchbruch entfernt. Das könnte ein Grund sein, warum noch nicht alle Technologiekonzerne eine Blutdruck-Uhr anbieten.
Für Messung der Sauerstoffsättigung der roten Blutkörperchen nutzt die Smartwatch den Umstand, dass sauerstoffbeladenes Hämoglobin überwiegend rotes Licht aus dem Sensor aufnimmt und sich dadurch hellrot färbt. Ungesättigtes Hämoglobin absorbiert vor allem Licht im Infrarotbereich und erscheint dunkelrot bis bläulich. Die Umrechnung übernimmt der Minicomputer in der Smartwatch: Gesunde Menschen haben Werte über 93 Prozent, bei Werten deutlich darunter könnte die Lunge nicht genug Sauerstoff aufnehmen oder der Transport von Sauerstoff im Körper nicht reibungslos funktionieren.
Die Blutsauerstoffmessung per Smartwatch ist aber nur eine Schätzung. Bei Kälte und bei niedrigem Blutdruck kann sie völlig falsche Werte liefern. Da es im Privatbereich nicht auf allerhöchste Genauigkeit ankommt, gilt die Pulsoxymetrie genannte Methode zur Orientierung als ausreichend zuverlässig. Wer ungefähr weiß, wie sein Blut mit Sauerstoff versorgt ist, kann bestenfalls seinen Gesundheitszustand besser einschätzen, mehr aber auch nicht. Exakte Blutsauerstoffwerte würde nur eine Messung beim Arzt oder eine Blutuntersuchung durch ein medizinisches Labor liefern.
Die Analyse von Schlaf- und Schnarchlauten ist prinzipiell einfach. Die Smartwatch misst dafür Körperbewegungen und Herzfrequenz, unterscheidet so Schlaf- von Wachphasen und errechnet daraus ein Schlafprofil samt Schlafqualität. Zudem kann sie Geräusche während des Schlafens aufzeichnen. Deren Lautstärke und der Schnarchrhythmus werden von einer App zusammengefügt. Das Ergebnis soll zeigen, ob die Nutzerin oder der Nutzer harmlos schnarcht oder die gefährliche Schlafapnoe hat.
Fachleute sehen die Aussagekraft solcher Daten jedoch kritisch. „Eine akustische Analyse von Schnarch-Geräuschen ist technisch anspruchsvoll, seit etwa 30 Jahren versucht sich die Medizin daran – bisher vergeblich“, mahnt Prof. Boris Stuck, Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Marburg im Artikel der Apotheken Umschau „Apps gegen Schnarchen: Was sie leisten können - und was nicht“.
Für eine verlässliche Schnarchanalyse und um Schafapnoe festzustellen, sollte man sich daher besser an eine ärztliche Praxis oder ein Schlaflabor wenden. Eine regelmäßige Schlafanalyse per Smartwatch kann aber durchaus helfen, Faktoren des Lebensstils ausmachen – etwa üppiges Essen oder Alkohol am Abend – die das Schnarchen beeinflussen.
Dass Smartwatches den Puls auch aufzeichnen und Sportler:innen so ihre Trainingserfolge messen können, gehört längst zur Basisausstattung. Welches Diagnose-Potenzial noch in Smartwatches stecken könnte, zeigt sich, wenn Sensoren die Bewegungen des Körpers in alle Richtungen erfassen. Bei Apple errechnet die zugehörige App daraus Schrittzahl, Schrittlänge, Gehgeschwindigkeit und den Anteil der Zeit, in der beide Füße Bodenkontakt haben. Die Daten sollen laut Apple einen Überblick über das Gangbild und das Sturzrisiko in den nächsten zwölf Monaten geben.
Apple selbst liefert zahlreiche Studien, die belegen sollen, dass die Informationen ausreichen, um einzuschätzen, ob jemand ein gesundes Gangbild hat, hinkt, oder Gleichgewichtsstörungen hat. Das wiederum könnten Hinweise auf eine orthopädische oder neurologische Erkrankung sein und kann bei der Rehabilitation oder Physiotherapie genutzt werden.
Alleine oder zusammen mit Apps liefern Smartwatches mit mindestens akzeptabler Genauigkeit korrekte Werte. Fraglich ist aber, ob die aktuelle Gerätegeneration einfach genug zu bedienen ist.
So muss man beim Blutdruckmessen stillhalten, nur dann misst das Gerät zuverlässig. Steckt in der Uhr ein Mini-EKG, muss die Uhr richtig am Handgelenk sitzen, damit das Signal vom Körper korrekt übertragen wird. Außerdem muss für die EKG-Aufzeichnung ein Finger 30 Sekunden lang exakt auf die Krone am Uhrenrand gesetzt werden. Das ist selbst für viele jüngere Menschen kompliziert.
Für ältere Menschen kann das Einstellen der Messung von Blutdruck und Blutsauerstoff über winzige Tastenfelder erst recht problematisch sein. Die allerdings würden am meisten von den messenden Uhren profitieren, weil Bluthochdruck, Vorhofflimmern, Lungenprobleme, Schnarchen und Gangunsicherheit umso häufiger auftreten, je älter die Menschen werden.
Zur teils umständlichen Bedienung kommt, dass die Technik noch keine Rund-um-die-Uhr-Erfassung der Werte bietet. Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern haben aber nun mal keinen Stundenplan und können jederzeit auftreten. Und da Smartwatches nicht kontinuierlich aufzeichnen, sondern für die Messung aktiviert werden müssen, dürfte auch Smartwatches so manches Vorhofflimmern entgehen.
Smartwatches als medizinische Diagnosegeräte abzuschreiben, wäre aber falsch. Rund zehn Jahre, nachdem die ersten Smartwatches auf den Markt kam, sind die Analysen zwar noch fehleranfällig. Doch mit jeder neuen Gerätegeneration – also fast jährlich – verbessert sich die Technik. Man darf daher davon ausgehen, dass Messgenauigkeit und Datenauswertung noch deutlich benutzerfreundlicher werden.
Zudem kommt mit jeder Entwicklungsstufe Neues dazu. So soll Apples Smartwatch ab Herbst Nutzer:innen dabei helfen können, die richtigen Medikamente zum richtigen Zeitpunkt einzunehmen, inklusive einer Warnung bei unverträglichen Medikamentenkombinationen.
Stärkster Treiber dieser Entwicklung dürften die Technikkonzerne selbst sein. Für sie ist nicht allein der Verkauf der oft mehrere Hundert Euro teuren Geräte attraktiv. Die riesigen Datenmengen lassen Schlussfolgerungen zu, die zu weiteren lukrativen Entwicklungen im Medizinbereich führen. Vielleicht wird auch irgendwann die nächste smarte Diagnose-Revolution Wirklichkeit: die Blutzuckermessung ohne Blutstropfen.
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